Vereinigung für guten Städtebau

Resolution

URBANISTICA fordert Paradigmenwechsel in der Raumplanung

Die Raumplanung der Schweiz der letzten siebzig Jahre war geprägt vom Bau von Verkehrs­infra­strukturen und einem ihnen folgenden Siedlungswachstum durch periodische Einzonungen. Seit der Revision des Raumplanungsgesetzes 2014 sind Einzonungen fast unmöglich geworden, die Baulandreserven weitgehend überbaut. Die im Gesetz verankerte Verdichtung im vorhandenen Siedlungsraum wird allerdings nicht oder nur ungenügend umgesetzt. Dies führt zu einer Unterversorgung des Wohnungsmarktes insbesondere in den Wirtschaftszentren. Die Folgen sind Wohnungsknappheit, ungebremst steigende Wohnungspreise und Einschränkungen in der wirtschaftlichen Entwicklung. Zahlbare Wohnungen sind nur noch in der Peripherie zu finden. Dies provoziert immer grössere Pendlerströme. Dazu kommt ein wachsender Freizeitverkehr als Folge der Konzentration von Versorgungsleistungen und Freizeitangeboten in den grossen Zentren. Die Schweizer Verkehrs­infrastruktur stösst daher an ihre Leistungsgrenzen. Ihr Ausbau ist sehr teuer und erhöht den Druck auf die Natur, genauso wie allfällige Bestrebungen, Einzonungen wieder zu erleichtern.

URBANISTICA, die Vereinigung für guten Städtebau, fordert einen Paradigmenwechsel:

1. Stadtplanung muss dem Ausbau von Verkehrsinfrastrukturen vorangehen!

Die bestehende Verkehrsinfrastruktur ist grundsätzlich ausreichend, um ein Bevölkerungs­wachstum auf bis zu 10 Millionen Einwohner und die damit einhergehende wirtschaftliche Entwicklung aufzunehmen. Voraussetzung ist jedoch, dass die im Raumplanungsgesetz postulierte innere Siedlungsentwicklung an Orten erfolgt, die bereits heute mobilitätsmässig ausgezeichnet vernetzt sind, auf der Basis von Planungen, die hohe, explizit städtische Dichten anstreben. Neben den Kernstädten sind dies vor allem die Sub- und Mittelzentren in den Agglomerationen sowie die Regionalzentren in den Randregionen. Der Fokus auf eine polyzentrische Siedlungsstruktur macht Klein- und Mittelstädte wieder zu interessanten Arbeitsorten mit attraktiver Versorgung und Freizeitqualität. Dies führt in der Folge zur Reduktion von Mobilität.

2. Die Raumplanung ist auf allen drei Staatsebenen konsequent auf eine polyzentrische, vernetzte, städtisch geprägte Siedlungsstruktur auszurichten im Sinne eines Städtenetzes Schweiz 2.0.

Die von Bund, Kantonen und Gemeinden schon im Raumkonzept Schweiz vorgesehene Strategie des polyzentrischen Netzes von Städten und Gemeinden ist weiterzuentwickeln. Basierend auf den vorhandenen Verkehrsinfrastrukturen muss gemeinsam das Konzept eines Städtenetzes Schweiz 2.0 erarbeitet werden, in welchem verbindliche quantitative Vorgaben für die Verdich­tung und Stärkung vorhandener, gut erschlossener Zentren gemacht werden. Das Städtenetz Schweiz 2.0 ist nach den Prinzipien des Städtebaus in quantitativer und qualitativer Hinsicht interdisziplinär und in funktionalen Räumen mit Hilfe von strategischen Leitbildern, Test- und Masterplanungen zu planen. Die angestrebten Dichten sind in den behördenverbindlichen Richtplänen und in den grundeigentümerverbindlichen Nutzungsplänen festzuschreiben. Die Gemeinden und Planungsregionen sind in der Umsetzung in die Pflicht zu nehmen, aber auch zu unterstützen.

3. Pro Jahr sind 500 Millionen Franken respektive ein Viertel der Ausgaben für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in einen «Fonds der kurzen Wege» zu leiten, für die Planung und Umsetzung der inneren Siedlungsentwicklung nach den Vorgaben eines Städtenetzes Schweiz 2.0.

Bund, Kantone und Gemeinden geben jährlich zwei Milliarden Franken für den Ausbau von Verkehrsinfrastrukturen aus. Ein Viertel – also 500 Millionen Franken – soll zukünftig über einen «Fonds für kurze Wege» für die Finanzierung von Stadtplanungen und städtebauliche Mass­nahmen auf Gemeindeebene und in den Planungsregionen eingesetzt werden. Dadurch können die notwendigen Strategie- und Planungsmassnahmen finanziert und die angestrebte städtebauliche Verdichtung realisiert werden. Ihre Prämisse: innere Siedlungsentwicklung durch Städtebau an verkehrlich gut erschlossenen und vernetzten Orten führt zu ausreichendem Wohn­raum, höherer Siedlungsqualität, nachhaltigem Wirtschaftswachstum und geringerer Mobilität.

Im Rahmen der ersten Retraite von URBANISTICA im Februar 2024 haben sich engagierte und ausgewiesene Fachleute aus den verschiedensten Disziplinen getroffen. Gemeinsam wurde die Stoss­richtung für die vorliegende Resolution erarbeitet. Folgende Teilnehmer unterstützen sie namentlich:

Vincent Albers, Christoph Caviezel, Prof. Kees Christiaanse, Remo Daguati, Balz Halter, Thomas Held, Michael Hermann, Alice Hollenstein, Joris Jehle, Dunja Kovari, Prof. Stefan Kurath, Prof. Vittorio Magnago Lampugnani, Martin Neff, Mirjam Niemeyer, Haris Piplas, Marco Salvi, Markus Schäfer, Thomas Sevcik, Pascal Vincent, Joris van Wezemael

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